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Grundlagen, Funktionsweise & Praxis

Der Fingerabdruck des Marktes entsteht aus Preisen und den dort in der Vergangenheit gehandelten Volumina. Lernen Sie die Zusammenhänge dieser beiden entscheidenden Faktoren für die zukünftige Entwicklung von Finanzprodukten und deren Kurszielbestimmung kennen und nutzen Sie dieses Wissen vielfältig in Ihrem Trading.

Wieso zwei Faktoren nahezu Alles über den Markt verraten

Der Preis, also das Produkt aus Angebot und Nachfrage im Orderbuch, und das Handelsvolumen eines Basiswerts sind die einzigen zwei Faktoren, welche bei Transaktionen an der Börse erzeugt werden. Damit sind sie auch die einzigen, unverfälschten und direkt vom Markt gestellten Informationen. Aus einer Times-and-Sales-Liste können Sie somit alle nötigen Informationen zu einem Wertpapier ablesen, ohne einen Indikator oder Daten eines Dritten verwenden zu müssen.

Da diese beiden Faktoren das komplette Börsengeschehen abbilden, bietet es sich weiterhin an, diese für die Berechnung zukünftiger Wahrscheinlichkeiten zu Rate zu ziehen. In der gängigen Analyse wird das Volumen pro betrachteter Periode, also zum Beispiel umgesetzte Aktien an einem Handelstag, dargestellt. Im Marktprofil betrachten wir dagegen das Preisniveau, sowie die dort erzeugten Handelsvolumina in der Vergangenheit auf horizontaler Ebene.

Funktionsweise und Voraussetzungen

Im Marktprofil, auch Market-Profile oder Price-Volume-Profile genannt, werden neben dem Preisniveau in der allgemein bekannten Darstellung, auch das Handelsvolumen auf den jeweiligen Kursebenen in der Vergangenheit angezeigt. Wie weit man diese Umsätze rückwirkend betrachten möchte ist dabei frei wählbar und somit persönlich modifizierbar. In der Software „Tradesignalonline“ finden Sie den Indikator unter der Bezeichnung „Price Volume Profile (PVP)“ – es sind jedoch noch weitere Bezeichnungen im Umlauf.

Durch das Marktprofil wird ersichtlich, wie viele Stücke auf welchen Niveaus umgesetzt wurden. Effiziente und weniger effiziente Marktregionen werden sofort visualisiert. Allgemein geht man davon aus, dass Regionen mit höheren Umsätzen als Widerstände oder Unterstützungen fungieren. Meist halten sich die Märkte an den Extrempunkten des Marktprofils für längere Zeit auf oder laufen diese Marken gezielt an.

Voraussetzung für das Funktionieren dieser Betrachtungsweise ist eine hohe Liquidität des betrachteten Wertes. Daher eignen sich vor allem Blue-Chips, Indizes, der Devisenhandel oder die Rentenmärkte für die Anwendung. Die Anwendung auf illiquide Small-Caps ist nicht zu empfehlen. Weiterhin sind „echte“ Kurse, also der Zugang zu den Hauptbörsen sowie den Handelsvolumina dieser, nötig. Finanzprodukte, wie zum Beispiel CFD´s oder Optionsscheine, beziehen sich immer auf ein Underlying und haben keine eigenen, börsengehandelten und somit relevanten Umsätze. Manche Broker bieten Volumina zu CFD´s an, diese stellen jedoch meist nur die hauseigenen Kundenumsätze dar und sind in keinem Fall aussagekräftig. Im DAX-Future sind also beispielsweise einzig Kurse und Volumina der Terminbörse EUREX von Interesse, im Kassa-DAX sind XETRA-Daten der Frankfurter Börse relevant.

Einen zusätzlichen Informationsgehalt weißen die Farbschattierungen der Volumenskalen am rechten Bildrand auf – in unserer Darstellung blau und hellblau. Diese geben zu erkennen, ob Käufe oder Verkäufe in der betrachteten Periode überwogen haben. Längere Stäbe in hellblau lassen also auf steigende Kurse im Berichtszeitraum schließen, längere blaue Säulen stellen fallende Kerzen dar.

Haupteffizienzlevel – Oder, wo der Markt am besten arbeitet

Die Regionen im Marktprofil, an denen im betrachteten Zeitraum am meisten Stücke umgesetzt wurden, nennt man Haupteffizienzlevel oder auch „Point-of-Control“. In der Volumendarstellung am rechten Rand des Chartbilds lassen sich diese Regionen als markante Spitzen erkennen.

An diesen Haupteffizienzlevels erfüllt der Markt seine Aufgabe, Angebot und Nachfrage in Einklang und somit zu einem möglichst großen Umsatz zu bringen, also am besten. Daher ist wahrscheinlich, dass sich Finanzprodukte länger und/oder öfter in diesen Zonen aufhalten, beziehungsweise sich auf diese Regionen zubewegen, werden.

Wie in Bild 2 erkennbar, notiert die Aktie der Airbus Group genau am „Point-of-Control“ und damit auf dem effizientesten Niveau des letzten Handelsjahres. Bewegen, weg von dort, lassen meist dynamische Trends entstehen.

Lücken im Marktprofil

Lücken im Marktprofil lassen auf umsatzschwache, und somit wenig effiziente Zonen im Chartbild schließen. Käufer und Verkäufer haben hier in der Vergangenheit wenig konkurriert und dem jeweiligen Gegner das Feld überlassen. Wie zuletzt im Goldpreis geschehen, durchquert der Kurs ineffiziente Marktzonen zügig und pausiert sich erst an der nächsten Volumenunterstützung wieder.

Trading zum Haupteffizienzlevel hin

Wie in Bild 4 dargestellt, gibt es die Möglichkeit, zum Haupteffizienzlevel hin zu traden. Dabei gilt dieses als Kursziel der Bewegung. Als Einstiegssetup zählt dabei das Verlassen eines Haupteffizienzlevels, hin zu einem anderen, am besten stärker ausgeprägten, Kursniveau. Auch ist zu beobachten, dass ein Kurs lange Zeit um den „Point-of-Control“ oszilliert und mehrfach zu diesen zurückläuft – solange sich ein Wert nicht nachhaltig absetzen kann und ein neues Effizienzlevel ausbilden kann, ist eine Rückkehr sehr wahrscheinlich. Die Kurszielermittlung mit dem Marktprofil kann jedoch auch im Zusammenwirken mit anderen Trading-Setups oder der klassischen Charttechnik erfolgen.

Trading vom Haupteffizienzlevel weg

Wird ein Haupteffizienzlevel nachhaltig vom Kurs verlassen, so ist mit einer länger anhaltenden, dynamischen Bewegung zu rechnen. Diese kann bis zu einem nächsten Haupteffizienzlevel oder aber auch ins Leere laufen. Daher benötigt dieses Setup weitere charttechnische Hilfsmittel zur Kurszielermittlung beziehungsweise zur Wahl eines Stop-Loss. Klassische Widerstands- und Unterstützungslinien sind daher zu empfehlen.

Nutzen im Intraday-Handel

Auch im kurzfristigen Intraday-Handel können Sie das Marktprofil für Ihr Trading zu nutzen. Dabei gibt es zwei allgemein anwendbare Setups. Zum einen können Sie von der Markteröffnung weg auf eine Bewegung zum nächsten Haupteffizienzlevel hin spekulieren. Zum anderen benötigen Sie eine Handelsspanne, also eine Seitwärtsrange, nahe oder auf einem Haupteffizienzlevel. Bricht der Markt dann nachhaltig aus, ist mit einer dynamischen Bewegung zu rechnen. Im Bild 5 sehen wir den DAX-Future, welcher erst um den „Point-of-Control“ pendelt und sich dann nach oben hin, mit dem Überwinden eines Widerstands, absetzt und eine neue Effizienzzone ausbilden kann – ein bullisches Signal.

Fehler und Schwierigkeiten

Mögliche Fehlerquelle beim Trading mit Marktprofil kann die Einstellung des rückwirkend betrachteten Zeitraums, also die Perioden der Volumenermittlung, sein. Während ein zu langer Zeitraum die Ergebnisse verfälschen kann – wir gehen davon aus, dass Volumina in der jüngeren Vergangenheit höhere Aussagekraft haben als ältere – können zu kurz eingestellte Zeiträume wichtige Handelslevels verschweigen. Als einfachen Anhaltspunkt könnte man hier sagen, betrachten Sie das Volumen ähnlich der Charteinstellung. Das heißt, betrachten Sie im Tageschart ein Jahr Historie, könnten Sie auch das Marktprofil ähnlich einstellen.

Beachten Sie jedoch hierbei, dass das Handelsjahr nicht 365 Tage, sondern nur rund 250 Tage hat. Die nächsten Zoomstufen könnten dann 120 Tage, entsprechend einem halben Jahr, sowie rund 60 Tage für drei Handelsmonate sein. Im Intraday-Chart müssen Sie die Anzahl auf die jeweiligen Perioden, also zum Beispiel Stunde, Minute oder Tick, anpassen. Wobei ich persönlich die Aussagekraft des Marktprofils in den untersten Zeiteinheiten, also Tick- und 1-Minuten-Chart, eher anzweifeln würde.

Fazit

Die Vorteile des Marktprofils liegen auf der Hand: Wir erhalten klare, eindeutige Aussagen und Handelssignale, welche schnell umsetzbar sind. Des Weiteren sind eine genaue Kurszielbestimmung und die Verknüpfung mit anderen Ein- und Ausstiegssetups möglich. Dies stellt jedoch auch einen Knackpunkt dar, denn allein kann das Marktprofil nur selten alle für das Trading relevanten Faktoren, wie zum Beispiel Risikomanagement und Stop-Loss-Findung, bereitstellen. Ergänzende Indikatoren und Handelslogiken sind daher oftmals notwendig. Ein weiterer Nachteil ist die Anwendbarkeit. Wie Eingangs schon erwähnt, sind Analysen immer aufgrund börsengehandelter Wertpapiere zu erstellen – CFD´s, Optionen und andere exotische Finanzprodukte finden dabei keine Relevanz. Mit etwas Übung im Einstellen der rückwirkend betrachteten Perioden kann Ihnen das Marktprofil jedoch wichtige und unverfälschte Informationen zur Verfassung des Marktes und wahrscheinliche, zukünftige Bewegungen liefern.

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